Jüdische Gemeinde Gochsheim

1933 zählte die jüdische Gemeinde in Gochsheim 16 Personen. Ihre Wurzeln reichen bis an den Beginn des 15. Jahrhunderts zurück. Im 16. Jahrhundert wohnten sechs jüdische Familien in dem Reichsdorf, sie unterhielten eine Synagoge und eine Schule. Nach einer ersten Ausweisung um 1562 wurde die Gemeinde 1581 durch Fürstbischof Julius Echter nachdrücklich vertrieben. Doch bereits Mitte des 17. Jahrhunderts ist wieder eine Gemeinde mit Synagoge und Mikwe bezeugt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wuchs sie auf 26 Familien und in den folgenden Jahrzehnten bis auf 170 Personen an. Nachdem jedoch der jüdischen Bevölkerung in Bayern 1861 die freie Wohnortwahl gestattet worden war, sank die Anzahl der Gochsheimer Jüdinnen und Juden. Dazu trug maßgeblich bei, dass nun im benachbarten Schweinfurt wieder eine Gemeinde entstand. Seit 1905 gehörten wenige Personen, die im benachbarten Schwebheim wohnten, mit zur Kultusgemeinde. Nur 20 jüdische Menschen lebten 1925 noch in Gochsheim.

Systematische Entrechtung, wirtschaftliche Boykotte und der wachsende Verfolgungsdruck veranlassten einen Großteil der jüdischen Bevölkerung ab 1934 zur Abwanderung aus Gochsheim. Die Kultusgemeinde wurde 1937 aufgelöst. Fünf Gemeindemitglieder konnten in die USA fliehen. Acht Personen zogen zwischen 1934 und 1941 in andere Orte in Deutschland um, nämlich nach Bad Kissingen (3), Frankfurt a.M. und Regensburg (je 2) sowie Würzburg (1). Fünf von ihnen wurden von ihren neuen Wohnorten aus deportiert und ermordet, eine Frau war kurz nach ihrem Umzug verstorben. Zwei Personen konnten noch emigrieren.

Zwei Schwestern blieben bis 1942 in Gochsheim und wurden aus Unterfranken nach Krasniczyn im besetzten Ostpolen bzw. nach Theresienstadt deportiert. Beide wurden ermordet. Eine weitere Frau entging der Deportation, weil sie mit einem Nichtjuden verheiratet war. So sind in Gochsheim insgesamt mindestens sieben Opfer der Shoa zu beklagen.

Gochsheim beteiligt sich mit zwei Rucksäcken am Projekt „DenkOrt Deportationen“. Das lokale Gepäckstück erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden aus Gochsheim. Der zweite Rucksack befindet sich in Würzburg und bildet mit den Gepäckstücken anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Der DenkOrt-Rucksack in Gochsheim ist in der Schweinfurter Straße / An den Gaden aufgestellt.

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Gochsheim
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries

Shoa-Opfer, die 1933 in Gochsheim gelebt hatten

Babette Heldmann, geb. Steinhäuser (1876 – 1943)
Wilhelm Heldmann (1873 – 1942)
Leopold Rosenbusch (1903 – 1943/1944)
Klara Selig, geb. Isner (1861 – 1942)
Klothilde Selig (1892 – 1942)
Betty Strauß (1874 – 1942)
Emma Strauß (1877 – 1942)