Jüdische Gemeinde Oberthulba

1933 lebten in Oberthulba mindestens 42, wahrscheinlich eher 46 jüdische Bürgerinnen und Bürger. In dem zum heutigen Markt gehörenden Dorf Thulba sind bereits für das Ende des 16. Jahrhunderts jüdische Bewohner bezeugt. Spätestens im 18. Jahrhundert existierte in Oberthulba eine jüdische Gemeinde mit einem Betsaal. 1817 werden nur fünf Haushalte registriert, die Gemeinde war also klein und bestand ausschließlich aus Viehhändlern. Im Unterschied zu anderen Orten nahm die Zahl der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner im Laufe des 19. Jahrhunderts zu, bis auf 64 Personen. 1910 waren es noch 55.

Auch in der NS-Zeit war die Wirtschaftsstruktur der jüdischen Gemeinde noch stark von Viehhandel und Landwirtschaft geprägt, der Viehhandel wurde jedoch 1936 verboten. Viele in der Gemeinde verarmten. Im Frühjahr 1937 hielt sich eine Gruppe von 31 religiös-zionistischen Pionieren aus dem Raum Hamburg in Oberthulba auf, um eine landwirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren. Sie bereiteten sich auf die Ausreise nach Palästina vor. Im Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet und Häuser und Besitz der meisten jüdischen Bewohner demoliert. Fünf Männer kamen ins KZ und wurden unter Druck gesetzt, ihren gesamten Besitz abzugeben. Kontinuierlich verließen die meisten jüdischen Bürgerinnen und Bürger bis 1940 den Ort. 18 Personen gelang die Flucht vor allem in die USA, sowie nach England und Südafrika. Mindestens acht Menschen zogen innerhalb Deutschlands um. Dreizehn Menschen starben, zum Teil an ihren neuen Wohnorten. Eine Frau zog vermutlich nach 1933 zu ihrer Tochter nach Oberthulba zu. Drei Familien und die Witwe Regina Berney blieben 1942 übrig, als die Deportationen starteten.

13 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die 1933 in Oberthulba gelebt hatten, wurden aus Unterfranken deportiert. Eine Frau und ihren Neffen ereilte dieses Schicksal in Frankfurt a.M. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Deportierten damit auf 15 Personen, darunter fünf Kinder und Jugendliche. Niemand von ihnen überlebte.

Der Rucksack in Oberthulba erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden des Ortes. Sein Vorbild ist der Rucksack von Regina Berney, den sie sich vor der Deportation von einem Sattler anfertigen ließ. Er trug ihre Evakuierungsnummer. Ein zweiter Rucksack aus Oberthulba steht in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Standort des Rucksacks in Oberthulba: vor der ehemaligen Synagoge

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Oberthulba
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries

Shoaopfer, die 1933 in Oberthulba gelebt hatten

Bertha Adler, geb. Löbenfried (1893 – 1942)
Justin Adler (1924 – 1942)
Karl Adler (1891 – 1942)
Regina Berney, geb. Schiff (1878 – 1942)
Rita Hecht (1893 – 1943)
Betty Rothschild, geb. Löbenfried (1903 – 1942)
Milton Rothschild (1932 – 1942)
Siegfried Rothschild (1894 – 1942)
Felix Schiff (1893 – 1942)
Käthe Schiff (1930 – 1942)
Karoline Schiff, geb. Goldner (1899 – 1942)
Martha Schiff (1926 – 1942)
Rudi Saly Schiff (1923 – 1942/45)
Wolf Schiff (1874 – 1944)
Helene Sterzelbach (1886 – 1942)

Shoaopfer, die 1933 in Oberthulba gelebt hatten

Bertha Adler, geb. Löbenfried (1893 – 1942)
Justin Adler (1924 – 1942)
Karl Adler (1891 – 1942)
Regina Berney, geb. Schiff (1878 – 1942)
Rita Hecht (1893 – 1943)
Betty Rothschild, geb. Löbenfried (1903 – 1942)
Milton Rothschild (1932 – 1942)

Siegfried Rothschild (1894 – 1942)
Felix Schiff (1893 – 1942)
Käthe Schiff (1930 – 1942)
Karoline Schiff, geb. Goldner (1899 – 1942)
Martha Schiff (1926 – 1942)
Rudi Saly Schiff (1923 – 1942/45)
Wolf Schiff (1874 – 1944)
Helene Sterzelbach (1886 – 1942)