Jüdische Gemeinde Sommerhausen

1933 lebten in Sommerhausen 23 jüdische Bürgerinnen und Bürger. Einzelbelege weisen schon auf erste jüdische Bewohner des Ortes im 16. und 17. Jahrhundert hin. Am Ende des 17. Jahrhunderts festigten sich die Bedingungen für jüdisches Leben, drei Juden erhielten eine Konzession als Schlachter. 1816/17 zählte man 105 Bewohner in 21 Haushalten, nach 1861 erfolgte der Rückgang der Bevölkerungszahl durch Abwanderung. Im Jahr 1900 lebten noch 59 Jüdinnen und Juden in dem Winzerort. Viele von ihnen handelten mit Wein.

Die Repressionen des NS-Systems und die Wirtschaftsboykotte trafen auch die Sommerhäuser Juden. Sie warteten jedoch zunächst ab. Zwischen 1936 und 1939 flohen neun Bürgerinnen und Bürger Sommerhausens ins Ausland, davon eine Frau in die USA, drei Personen nach Mexiko und fünf in die Niederlande. Diese fünf Menschen wurden 1943 von dort deportiert. Acht Personen zogen in andere deutsche Städte um, von wo zwei später deportiert wurden. Zwei weiteren gelang nach ihrem Wegzug die Emigration ins Ausland. Sieben Menschen starben in Sommerhausen (3) bzw. an ihren neuen Wohnorten (4). Obwohl sich die Gemeinde im Juli 1938 auflöste und die Synagoge als Lagerraum diente, wurde das Gebäude im Novemberpogrom beschädigt, Geschäfte und Wohnungen der letzten Juden am Ort demoliert. Ab 1939 waren noch vier Personen übrig. Einem Mann gelang im Januar 1941 eine späte Emigration in die USA, bevor im Februar zwei Frauen den Ort verließen und in Würzburg in eines der Sammelquartiere ziehen mussten. Die vierte war mit einem Nichtjuden verheiratet und starb Anfang 1942.

Zwei jüdische Bürgerinnen, die 1933 in Sommerhausen gelebt hatten, wurden aus Unterfranken deportiert. Weitere zwei Personen ereilte dieses Schicksal an ihren Zufluchtsorten in Deutschland und fünf in den Niederlanden. Ein Mann beging aufgrund des Verfolgungsdrucks Suizid. Zehn Menschen fielen also der Shoa zum Opfer, darunter eine Jugendliche. Niemand überlebte.

Der Rucksack in Sommerhausen erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden des Ortes. Ein zweiter Rucksack steht in Würzburg und bildet zusammen mit den Gepäckstücken anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Der Rucksack steht in Sommerhausen in der Casparigasse 2 im Garten vor der Kapelle St. Maria, dem Gebäude der ehemaligen Synagoge.

Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Sommerhausen
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries

Shoa-Opfer, die 1933 in Sommerhausen gelebt hatten

Paula Adler, geb. Lindo (1882 – 1943)
Hedwig Minna Korn, geb. Rosenzweig (1916 – 1943)
Mathilde Landecker, geb. Strauß (1875 – 1944)
Gretchen Rosenzweig, geb. Stahl (1888 – 1941)
Sigmund Sundheimer (1885 – 1943)
Selma Sundheimer, geb. Gallinger (1903 – 1943)
Therese Sundheimer (1927 – 1943)
Isidor Strauß (1875 – 1936)
Jenny Strauß (1894 – 1942)
Therese Luise Strauß (1911 – 1943)